Mittwoch, 25. Mai 2022

Carl Gert Wolfrum | Verwandlung – Einführungsrede von Dr. Frederike Möller

 








 Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gemeinde, liebe Kunstinteressierte,

 

 ich freue mich, dass wir hier heute zusammen die Eröffnung der Ausstellung „Verwandlung“ von Carl Gert Wolfrum erleben und feiern können.

Kultur und Kunst haben immer etwas mit Öffentlichkeit, dem Schaffen von Öffentlichkeit oder dem Ins-Licht-Treten eines Kunstwerks zu tun. Insofern bin ich ganz besonders froh, hier mit Ihnen nach zwei Jahren Pandemie wieder Kunst in Gemeinschaft feiern zu können.

Kunst hat aber auch immer etwas mit dem Privatesten zu tun, das ein Mensch in sein Kunstwerk einfließen lässt.

Insofern ist Kunst immer genauso das Äußere wie das Innere. Ein Paradox – vielleicht das Wesen von Kunst.

Carl Gert Wolfrum hat seine Ausstellung „Verwandlung“ genannt. Bei einer Verwandlung nimmt etwas eine andere Gestalt an und wird zu etwas anderem – jemand wird ein anderer. Für den Moment oder auch für einen längeren Moment.

Carl Gert Wolfrums Webauftritt zu seinen Kunstwerken heißt: Der Andere.

Vielleicht kann man sagen, dass „der Andere“ zu einem Gegenüber für sich selbst wird, dass Carl Gert Wolfrum in diesem Fall in eine Kommunikation, in einen Dialog mit sich selbst tritt. Das, was man nicht in Sprache ausdrücken kann, wird verbildlicht, um sich selbst, auch vor sich selbst, auszudrücken.

Die Übermalung hat in der Kunstgeschichte eine längere Tradition. Besonders prominent sind hier die Werke von Arnulf Rainer aus den 60/70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu nennen. Man nimmt ein Werk und übermalt es, tritt in einen Dialog mit schon davor Gemaltem, davor Fotografiertem. Eine spannende Metamorphose, eine Verwandlung von Kunstwerken, von denen wir hier heute zur Kommunikation mit ihnen und über sie eingeladen sind.

Kunst als Ausdruck, als Ausbruch ins Freie. Die Freiheit, ein anderer zu sein.   

Freiheit ist auch im anderen Beruf von Carl Gert Wolfrum ein Thema, das sich durch seine Vita zieht. Als studierter Volljurist begeisterte ihn das Staats- und Verfassungsrecht – die Freiheitsrechte, das Freiheitsdenken. Über diese Thematik promovierte er auch. Nach der Ausbildung zog es ihn in einen gestalterischen, beratenden Beruf, sodass er seit Jahren als Personalberater in einer engen Kommunikation mit Menschen steht. 

Mit Kunst kam er schon in frühester Kindheit in Berührung. Als Autodidakt vervollkommnete er die Suche nach dem geeigneten Ausdruck durch jahrelangen Malunterricht in Düsseldorf, wobei er sich immer mit abstrakter Malerei beschäftigte. Mit dem Spiel von Farben und Formen. Mit dem Ausprobieren von Materialien. Mit Sand, Collagen, Pigmenten, Karton, Leinwand, Pappe – und Rotwein, der auch mitunter ins Bild gesetzt wird. Seit 30 Jahren malt Carl Gert Wolfrum. 15 Jahre davon als Mitglied in zwei Ateliergemeinschaften. Er beteiligte sich an Gruppenausstellungen und zeigte zwei Einzelausstellungen.

„Wanderer ... woher ... wohin?“, steht in Carl Gerts Haus direkt als Frage an den Besucher gerichtet im Hausflur. Was passiert mit demjenigen, der sich in etwas anderes verwandelt, mit dem Kunstwerk, das sich in etwas anderes verwandelt? Woher? Wohin? Verwandeln sich er oder es wieder zurück? Oder bleiben sie in ihrem neuen Zustand?

In einer Geschichte von Wolfgang Hildesheimer verwandelt sich am Schluss der Zauberer selbst in eine Nachtigall und bleibt Nachtigall. Kunst hat das Potenzial zu verwandeln, diejenigen, die sie betrachten und erleben, aber auch diejenigen, die sie erschaffen.

Spannend ist das, was uns Carl Gert Wolfrum hier anbietet, als Perspektive, als seine Perspektive auf Kreativität. Es ist ein Balancieren auf Grenzen – durch das Ausprobieren von Materialien, durch das Übermalen von bereits geschaffenen Werken, durch die Suche nach Freiheit, auch nach persönlicher Freiheit in Kunst.

Die Kirchenfarbe von Pfingsten ist Rot. Was für eine Kraft, was für ein Aufbruch, was für ein Feuer. Rot ist immer ein Impuls. Ein Wachrütteln. Rot ist aktiv. Ein Aufeinander-Zugehen. Der Beginn von Kommunikation.

Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes. Lassen Sie mich am Schluss die Bibel zitieren.

Im ersten Korintherbrief  12,4–11 heißt es zum Wesen des Geistes:

 „Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist. In einem jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller; dem einen wird durch den Geist gegeben, von der Weisheit zu reden; dem anderen wird gegeben, von der Erkenntnis zu reden, nach demselben Geist; einem andern die Gabe, gesund zu machen, in dem einen Geist; einem andern die Kraft, Wunder zu tun; einem andern prophetische Rede; einem andern die Gabe, die Geister zu unterscheiden; einem andern mancherlei Zungenrede; einem andern die Gabe, sie auszulegen. Dies alles aber wirkt derselbe eine Geist und teilt einem jeden das Seine zu, wie er will.“

Wir alle haben unterschiedliche Begabungen, die wir in unsere Gemeinschaft einbringen können. Unterschiedliche Positionen aus denen wir die Welt betrachten und die deshalb – eben weil sie so unterschiedlich sind- so wertvoll sind. Jede einzelne.

Ich freue mich deshalb, dass wir hier heute zusammen die Kunst von Carl Gert Wolfrum erleben können. Weil wir es zusammen tun können, weil wir darüber in einen Austausch geraten können und weil die künstlerische Idee seiner Werke so überzeugend dazu passt: etwas zu verwandeln, etwas auszuprobieren, etwas zu übermalen, etwas zu befreien, etwas zu etwas anderem werden zu lassen und dann mit uns über dieses Persönliche zu kommunizieren. 

Schön, dass Sie hier sind! Vielen Dank!

 

 

Dr. Frederike Möller

 

 


 


 

 

Text: © Dr. Frederike Möller

Fotos: © Ansgar Pudenz

Vielen Dank!