Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gemeinde, liebe Kunstinteressierte,
ich freue mich, dass wir hier heute zusammen die Eröffnung der Ausstellung „Verwandlung“ von Carl Gert Wolfrum erleben und feiern können.
Kultur und Kunst
haben immer etwas mit Öffentlichkeit, dem Schaffen von Öffentlichkeit oder dem
Ins-Licht-Treten eines Kunstwerks zu tun. Insofern bin ich ganz besonders froh,
hier mit Ihnen nach zwei Jahren Pandemie wieder Kunst in Gemeinschaft feiern zu
können.
Kunst hat aber auch
immer etwas mit dem Privatesten zu tun, das ein Mensch in sein Kunstwerk
einfließen lässt.
Insofern ist Kunst
immer genauso das Äußere wie das Innere. Ein Paradox – vielleicht das Wesen von
Kunst.
Carl Gert Wolfrum
hat seine Ausstellung „Verwandlung“ genannt. Bei einer Verwandlung nimmt etwas
eine andere Gestalt an und wird zu etwas anderem – jemand wird ein anderer. Für
den Moment oder auch für einen längeren Moment.
Carl Gert Wolfrums
Webauftritt zu seinen Kunstwerken heißt: Der Andere.
Vielleicht kann man
sagen, dass „der Andere“ zu einem Gegenüber für sich selbst wird, dass Carl
Gert Wolfrum in diesem Fall in eine Kommunikation, in einen Dialog mit sich
selbst tritt. Das, was man nicht in Sprache ausdrücken kann, wird verbildlicht,
um sich selbst, auch vor sich selbst, auszudrücken.
Die Übermalung hat
in der Kunstgeschichte eine längere Tradition. Besonders prominent sind hier
die Werke von Arnulf Rainer aus den 60/70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts
zu nennen. Man nimmt ein Werk und übermalt es, tritt in einen Dialog mit schon
davor Gemaltem, davor Fotografiertem. Eine spannende Metamorphose, eine
Verwandlung von Kunstwerken, von denen wir hier heute zur Kommunikation mit
ihnen und über sie eingeladen sind.
Kunst als Ausdruck,
als Ausbruch ins Freie. Die Freiheit, ein anderer zu sein.
Freiheit ist auch im anderen Beruf von Carl Gert Wolfrum ein Thema, das sich durch seine Vita zieht. Als studierter Volljurist begeisterte ihn das Staats- und Verfassungsrecht – die Freiheitsrechte, das Freiheitsdenken. Über diese Thematik promovierte er auch. Nach der Ausbildung zog es ihn in einen gestalterischen, beratenden Beruf, sodass er seit Jahren als Personalberater in einer engen Kommunikation mit Menschen steht.
Mit Kunst kam er schon in
frühester Kindheit in Berührung. Als Autodidakt vervollkommnete er die Suche
nach dem geeigneten Ausdruck durch jahrelangen Malunterricht in Düsseldorf, wobei
er sich immer mit abstrakter Malerei beschäftigte. Mit dem Spiel von Farben und
Formen. Mit dem Ausprobieren von Materialien. Mit Sand, Collagen, Pigmenten,
Karton, Leinwand, Pappe – und Rotwein, der auch mitunter ins Bild gesetzt wird.
Seit 30 Jahren malt Carl Gert Wolfrum. 15 Jahre davon als Mitglied in zwei
Ateliergemeinschaften. Er beteiligte sich an Gruppenausstellungen und zeigte zwei
Einzelausstellungen.
„Wanderer ... woher
... wohin?“, steht in Carl Gerts Haus direkt als Frage an den Besucher
gerichtet im Hausflur. Was passiert mit demjenigen, der sich in etwas anderes
verwandelt, mit dem Kunstwerk, das sich in etwas anderes verwandelt? Woher?
Wohin? Verwandeln sich er oder es wieder zurück? Oder bleiben sie in ihrem
neuen Zustand?
In einer Geschichte
von Wolfgang Hildesheimer verwandelt sich am Schluss der Zauberer selbst in eine
Nachtigall und bleibt Nachtigall. Kunst hat das Potenzial zu verwandeln, diejenigen,
die sie betrachten und erleben, aber auch diejenigen, die sie erschaffen.
Spannend ist das,
was uns Carl Gert Wolfrum hier anbietet, als Perspektive, als seine Perspektive
auf Kreativität. Es ist ein Balancieren auf Grenzen – durch das Ausprobieren
von Materialien, durch das Übermalen von bereits geschaffenen Werken, durch die
Suche nach Freiheit, auch nach persönlicher Freiheit in Kunst.
Die Kirchenfarbe
von Pfingsten ist Rot. Was für eine Kraft, was für ein Aufbruch, was für ein
Feuer. Rot ist immer ein Impuls. Ein Wachrütteln. Rot ist aktiv. Ein
Aufeinander-Zugehen. Der Beginn von Kommunikation.
Pfingsten ist das
Fest des Heiligen Geistes. Lassen Sie mich am Schluss die Bibel zitieren.
Im ersten
Korintherbrief 12,4–11 heißt es zum
Wesen des Geistes:
„Es sind verschiedene Gaben; aber es ist ein Geist. In einem
jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller; dem einen wird durch den Geist
gegeben, von der Weisheit zu reden; dem anderen wird gegeben, von der
Erkenntnis zu reden, nach demselben Geist; einem andern die Gabe, gesund zu
machen, in dem einen Geist; einem andern die Kraft, Wunder zu tun; einem andern
prophetische Rede; einem andern die Gabe, die Geister zu unterscheiden; einem
andern mancherlei Zungenrede; einem andern die Gabe, sie auszulegen. Dies alles
aber wirkt derselbe eine Geist und teilt einem jeden das Seine zu, wie er
will.“
Wir alle haben
unterschiedliche Begabungen, die wir in unsere Gemeinschaft einbringen können.
Unterschiedliche Positionen aus denen wir die Welt betrachten und die deshalb –
eben weil sie so unterschiedlich sind- so wertvoll sind. Jede einzelne.
Ich freue mich
deshalb, dass wir hier heute zusammen die Kunst von Carl Gert Wolfrum erleben
können. Weil wir es zusammen tun können, weil wir darüber in einen Austausch
geraten können und weil die künstlerische Idee seiner Werke so überzeugend dazu
passt: etwas zu verwandeln, etwas auszuprobieren, etwas zu übermalen, etwas zu
befreien, etwas zu etwas anderem werden zu lassen und dann mit uns über dieses
Persönliche zu kommunizieren.
Schön, dass Sie
hier sind! Vielen Dank!
Dr. Frederike Möller
Text: © Dr. Frederike Möller
Fotos: © Ansgar Pudenz
Vielen Dank!