Gudrun Junker –
Toleranzbilder
Digital Art/
Fotografie
7.4. – 5.5.2013
Vernissage:
Sonntag, 7.4.2013 um 11.15 Uhr
mit einer
Einführung von Dagmar Kühn-Wienstroer
Die Evangelische
Kirche in Deutschland/ EKD hat das Jahr 2013 zum „Themenjahr: Toleranz“
ernannt; wir zeigen eine Ausstellung, die in diesen thematischen Rahmen passt.
Gudrun Junker –
sie ist gebürtige Duisburgerin, lebt und arbeitet lange in Meerbusch-Lank –
kennt man hauptsächlich von den „Kunst aus Meerbusch“-Ausstellungen in der
Teloy-Mühle, wo ihre experimentellen Digitalfoto-Collagen oft auffielen: Mit
schönen, farbfreudigen Strukturen, bisweilen aber auch mit ironischen und
karikierenden Verfremdungen, die manchmal auch Pfeile in die politische
Richtung abfeuern. Für mich war die geplante Ausstellung zum Thema „Toleranz“
in der Osterather Apsis ein willkommener Anlass, Gudrun Junker einzuladen, d.
h. zu bitten, einige Fotoarbeiten zum Thema anzufertigen. Dass es eine
Ausstellung würde, die keine „Gebrauchsanleitung“ liefert, war von Anfang an
klar; aber dass die Ausstellung schon für Diskussionen sorgte, ehe sie
installiert war, beeindruckte schon ziemlich.
Die Künstlerin
sticht ganz bewusst in ein Wespennest und setzt einen ganzen Schwarm Fragen
frei – mit denen wir nun zurechtkommen müssen. Denn definitive Antworten werden
wir nicht finden. Trotzdem sind wir gefordert, immer wieder neu zu denken. Toleranz,
die Duldung, von der Goethe sagt „Toleranz sollte eigentlich nur eine
vorübergehende Gesinnung sein: Sie muss zur Anerkennung führen“ – was müssen
wir dulden, was dürfen wir dulden, was dürfen wir nicht dulden? Was gehört in
den privaten Bereich (und geht niemanden etwas an), ab wann wird es politisch? Wo
genau ist hier Religion, Religionsausübung anzusiedeln? Gudrun Junker ging aus
vom Toleranzedikt Friedrichs des Großen – „Die Religionen müssen alle toleriert
werden […], daher muss ein jeder nach seiner Fasson selig werden“. Worin,
heutzutage, auch die Nicht-Religionszugehörigkeit inbegriffen ist. Das Kreuz, das
christliche Symbol, zeigt Junker einerseits als (Grund-)Mauer, andererseits „verwirbelt“,
verwischt, verformt – von welchen Einflüssen auch immer – zwischen den (Symbolen
der) anderen großen Religionen, die sich stellenweise strenger präsentieren
mögen, vielleicht konsequenter, aber dann eben auch weniger tolerant. Das
Kreuz, das mit Rücksicht auf Nichtchristen immer mal wieder „abgehängt“ werden
soll. Wird es sich in Zukunft behaupten können? Und: Wollen wir eigentlich –
„überhaupt“ – , dass es sich behauptet? Oder ist es uns in Wirklichkeit
ziemlich egal? Oder wäre es denkbar, dass die Weltreligionen nach und nach
miteinander verschmelzen, indem sie sich tolerant begegnen und auf das
Wesentliche und Gemeinsame besinnen?
Wie ist das
unkritische Übernehmen strikter religiöser Regeln aufzufassen? Sind wir, indem
wir abwägend und tolerant sind, vielleicht schon nicht mehr fähig, Position zu
beziehen? Das Thema „Beschneidung“ hat gerade in den letzten Monaten für viel
Diskussionsstoff gesorgt. Gudrun Junker greift es auf, sie hat ein Schaufenster
mit Festtagskleidung für diesen Anlass fotografiert und verfremdet. Dulden oder
achten wir sogar diese religiösen Gepflogenheiten oder ist die Unversehrtheit
eines Menschen, im Besonderen die eines Kindes ein höheres Gut? Wie sieht es
mit dem noch zarten Pflänzchen der Gleichberechtigung der Frau aus, das wir
hegen und pflegen wollen, dem konservative Tendenzen, auch christliche, nicht
gut tun können? Ist das der Grund, weshalb wir muslimische Kopftücher anders
bewerten als andere Kopfbedeckungen – oder geht hier die Intoleranz mit uns
durch? Gudrun Junker machte (eigens für ihr Fotoprojekt) einen Ausflug nach
Duisburg-Marxloh, dem Stadtteil, in dem sie einen Teil ihrer Kindheit
verbrachte und in dem heute – so Wikipedia – die „türkeistämmige
Bevölkerungsgruppe einen prägenden Bevölkerungsteil darstellt“. Sie
fotografierte die aktuellen Straßenbilder, die sich durch Ansiedlung türkischer
Geschäfte deutlich verändert haben, aber auch gekennzeichnet sind durch
tolerantes Miteinander von – im verschiedenen Sinne – alt und neu, traditionell
und modern. Besonders fiel ihr der Widerspruch zwischen den meist verhüllt
gekleideten Frauen einerseits, den ungezählten Läden mit orientalischen Abendkleidern
andererseits ins Auge.
„Toleranz ist
nicht gleichbedeutend mit Nachgeben, Herablassung oder Nachsicht. Toleranz ist
vor allem eine aktive Einstellung, die sich stützt auf die Anerkennung der
allgemeingültigen Menschenrechte und Grundfreiheiten anderer“ – die Künstlerin
bezieht sich hier auf Ausführungen der UNESCO-Kommission zum Thema. Und auch da
sind sie wieder, die Fragen.
Da die Ausstellung
in einer Kirche stattfindet, verweise ich auf das Pauluswort „Wo der Geist
Gottes wirkt, da ist Freiheit“ (2. Korinther 3,17) – das könnte ja zumindest eine
Antwort auf die vielen Fragen sein; in dem Sinne, dass Religion dem Menschen
tatsächlich Freiheit geben soll. Wenn sie das nicht kann, sollte man vielleicht
doch nachhaken, warum nicht.
Marlies Blauth
Fotos: Gudrun Junker
Marlies Blauth
Fotos: Gudrun Junker
Gudrun Junker