Donnerstag, 26. Juni 2025

Nurten Kocaman | Mein Herz ist mit Wärme erfüllt – Vortrag von Katrin Meinhard

 







Einführung zur Ausstellung von Nurten Kocaman

„Mein Herz ist mit Wärme erfüllt“

Die Farben strahlen mir und Ihnen entgegen, mal wohl geordnet, mal chaotisch erscheinend und doch zu einem Gesamtbild geordnet. „Ich habe meine Gefühle in Farben verpackt“ schreibt Nurten Kocaman in einem ihrer Gedichte. Streifen für Streifen lässt sie kleine farbige Stoffreste durch ihre Finger gleiten, wenn sie ein Kunstwerk entwirft. In ihrem Atelier greift sie in eine Box hinein und zeigt die Reststoffe, die ohne Glanz, krumpelig, wirr, ohne weitere Bedeutung darin liegen. „Für dich ist es Müll, für mich ist es der Grundstock eines neuen Werkes“, sagt sie.

Am Anfang trifft sie eine Auswahl an Stoffen und Farben, die zusammenpassen könnten. Nebeneinandergelegt, nach ihren Harmonien, ihren Übergängen befragt, entstehen im Prozess neue Bilder und Formen ihrer Kunstwerke. Während der Arbeit kann sich das noch einmal verändern, denn Nurten – so scheint es mir – geht in einen Dialog mit ihren Kunstwerken, ihrer Seele, manchmal auch mit der großen transformierenden Schöpfungskraft, mit Gott, mit Allah. So sind Muster in den Farben zu entdecken, die den Namen Gottes kalligraphisch aufgreifen, nicht unbedingt sofort lesbar, weder für uns noch für Kalligraphie-Geübte. Der kalligraphische Schriftzug für Allah ist nämlich hier und da gespiegelt zu sehen. Nurten Kocaman spielt mit diesem Bezug, lässt das Werk offen für ihren und unseren Glauben.

Wichtig ist ihr das Bewahren der Schöpfung, das Aufgreifen von dem was da ist, was sich uns anbietet und doch immer wieder neu zusammengestellt werden kann, so dass die Vielfalt des Lebens, der Individuen, und unserer je eigenen Lebensgeschichte miteinander verwoben werden. Sie erschafft textile Kunstwerke, in denen handwerkliche Kunst, Ornamentik aus ihrer Herkunftsstadt Küthaya und Musterstoffe von Krawatten aus Krefeld, ihrem Lebensort, sowie universelle Seelenbilder zusammenfließen.

Was möglicherweise zunächst durcheinander erscheint, will die in sich stimmigen, harmonischen Farben zeigen und das Herz mit Tatkraft, Freude und Frieden erfüllen. Etwas, das Sie möglicherweise auch von sich selbst kennen: einzelne Fäden des Lebens laufen nebeneinander her, manchmal kreuzen sie sich oder aber verwurschteln sich in einem Knoten. Wir empfinden Chaos, erkennen nicht, wo es langgehen soll, fühlen uns zerfasert. Nurten Kocaman selbst erlebt, wie bei jeder Schicht, die sie zusammennäht, ihre Seele Kraft gewinnt, Wunden des Lebens Heilung erfahren und Traurigkeit überwunden werden kann. Es ist ein langer, langsamer Prozess, so wie wir einen langen Atem und Geduld brauchen in all den Herausforderungen unserer Zeit.

Viele Nadelstiche, mal per Hand, mal mit der Nähmaschine sind notwendig ein Kunstwerk Schicht für Schicht entstehen zu lassen.
Und das Besondere an manchen ihrer Werke: sie lassen sich je nach Kontext, angepasst an die jeweilige Situation vor Ort anders zusammensetzen. Die einzelnen Teile können variabel verknüpft werden. Vielleicht sehen wir dann nur einen Teil, aber dieser wirkt dennoch vollständig, als solle er so sein. Die partielle Auswahl bildet ebenfalls ein abgerundetes in sich harmonisch stimmiges Bild.

Möglicherweise ist dies ein Anreiz über unsere christliche und muslimischen Glaubensweisen ähnlich zu denken: vielleicht sind es zwei partielle Teile der einen großen Schöpfungskraft. Unsere Glaubensweisen sind jeweils in sich stimmig, abgerundet und harmonisch. Im interreligiösen Gespräch können wir sie zusammenknüpfen, sie können ein Gesamtkunstwerk bilden, jede Glaubensweise bringt ihre Farben, ihre Muster mit. Sie bilden verschiedenen Facetten der Schöpfung Gottes, der Schöpfung Allahs. Viele von Ihnen wissen wahrscheinlich, dass Allah nicht nur die Bezeichnung für Gott im Islam ist, sondern dass arabische Christ*innen ebenfalls von Allah reden!

Menschen, die in den interreligiösen Dialog gehen, schaffen Verknüpfungen von einem Gotteswerk zum anderen, etwas, das nur per Hand, in mühsamer, aber sehr kreativer Weise geschehen kann. Die Ausstellung von Nurten Kocaman hier in der Osterather Kirche ist möglicherweise ein solch kleiner Brücken-Stich. Wie wirkt auf sie Nurten Kocamans Kunst in der Architektur der Kirche? Wie sehen Sie ihre Kunstwerke, was entdecken Sie aus ihrer Sehweise heraus? 
Nurten will mit ihren Werken dazu anregen, immer wieder etwas Neues zu entdecken. Kunst ist nie nur das, was gezeigt wird. Kunst entsteht im Zusammenspiel von Schaffen, Darstellen, Zeigen und Sehen, Interpretieren und Wahrnehmen.

Nurten Kocaman selbst hat sich immer als eine zwischen den Welten hin und her Gerissene oder aber durch die Kunst als eine zwischen den Welten Wandernde erlebt. Ihre Kreativität überbrückt, schafft Verbindungen, sucht nach Harmonien, die aus einzelnen losen Teilen sich entwickeln. Manche ihrer Arbeiten erinnern an Patchworkarbeiten, an Quilts. Dabei möchte sie auch die Gemeinschaft fördern und leitet zu Kunstwerken an, die in gemeinsamer Arbeit entstehen. Bei den Frauen*Mittagsimpulsen im Krefelder Kaiser Wilhelm Museum haben wir einmal unter ihrer Leitung aus alten, bunten Teebeutelhüllen Seerosen gefaltet und geklebt. Aus den einzelnen Seerosenblüten entstand dann durch geschicktes Anordnen auf einer weißen Fläche ein kleines Kunstwerk, das nun in Kirchenkreisräumlichkeiten in der Seyffardtstraße hängt. Auf diese Weise kann Nachhaltigkeit, Wiederverwertung von Reststoffen mit Kreativität und künstlerischer Ästhetik eingeübt werden.

In einer anderen Gruppe entstand ein Gemeinschaftswerk mit textilen Seerosen. Blatt für Blatt, Blüte für Blüte von einer anderen Person genäht. Mit zäher Energie, Fleiß und einem Herz, das mit Liebe und Wärme erfüllt ist, wendet Nurten Kocaman sich anderen zu, stellt ihre Kompetenz in eine Gemeinschaft und ergänzt ihre eigenen Arbeiten mit Interaktivität in Gemeinschaftsarbeiten. 

Und wenn andere die Resultate davon sehen, öffnet sich so manches Herz. „Mein Herz geht auf“ äußerte spontan die Krefelder Integrationsbeauftragte, Silvia Fiebig, als sie das Atelier von Nurten in der Wallstraße 14 in Krefeld betrat und sich umschaute. Ein Atelier übrigens in den vormaligen Räumen der Galerie Fochem, die vielleicht einige von Ihnen kennen. Ein Ort also, an dem verschiedene Kunst-Linien, Künstler*innen und ihre Lebens-Fäden sich präsentierten und kreuzten. Nun setzt Nurten Kocaman dies neu und anders fort. Ihre Ausstellung hier in der Osterather Kirche wirft ein besonderes Licht auf ihre Werke, die mal an der Wand hängen und voll ausgefüllte Stoff-Flächen mit filigranen Mustern oder auch aufwendig applizierten Perlen zeigen. Oder aber mit Stoffstreifen und Fäden hinter Glas Bilder zeichnen, wie Marlies Blauth es in der Einladung beschrieb. Dies Bilder sind durscheinend, transparent für Licht und Wärme, wie ein Gewebe offen für unsere je eigenen Empfindungen. Ich denke, es ist im Sinne der Künstlerin und der Gemeinde miteinander ins Gespräch zu kommen, einander mitzuteilen, was wir jeweils sehen, welche Farben uns berühren oder welche Dynamik Nurtens Kunst in uns in Bewegung bringt. 

Zum Abschluss der Einführung lese ich die deutsche Übersetzung eines der Gedichte von Nurten:

 „DU BIST ES

Alle meine Sehnsüchte und Seufzer
All meine Freude und mein Leid,
von Herzen kommend
zur Spitze meiner Nadel fließend
in die Falten
die feinen Berührungen
Das bist du,
der mich zu ‚nurStil‘ macht“

(während der Vernissage wurde der Text auch von der Künstlerin in türkischer Sprache vorgetragen)

 


Katrin Meinhard

Frauenreferentin und Synodalbeauftragte für das christlich-islamische Gespräch









 


Montag, 16. Juni 2025

Nurten Kocaman: Mein Herz ist mit Wärme erfüllt | Blick in die Ausstellung

 






















 



"Die Ausstellung sieht sehr fröhlich aus! Vielen Dank!"

                                                                           Nurten Kocaman                              















Montag, 26. Mai 2025

Predigt zum Sonntag Rogate

 









Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt.

Von Gott geliebte Menschen,

am vergangenen Donnerstag waren hier die Kinder der zweiten Klasse in der Kirche. Wir hatten Schulgottesdienst. Sie waren zum ersten Mal da. Ich habe gefragt: Was fällt euch auf in dieser Kirche? Und sehr schnell richtete sich alle Aufmerksamkeit der Kinder auf die Kunstwerke, und besonders auf das Kunstwerk, das jetzt in der Apsis hängt.

„Ist das eine Gottesanbeterin?“, fragte das eine Kind. – „Nein, das ist ein Monster!“, sagte ein anderes Kind. Ich wollte ja eigentlich noch über den Altartisch, das Kreuz und die Bibel sprechen, aber die Kinder waren ganz auf die Kunstwerke konzentriert.

Die Idee: eine Gottesanbeterin! Gefällt mir gut.

Aber noch besser gefällt mir, was die Kinder der dritten und vierten Klassen in der vergangenen Woche sagten. Ich habe die Kinder gefragt, was sie in der Kunst sehen. Das mache ich jedes Mal, wenn‘s eine neue Ausstellung gibt. Und ein Kind fing sofort an: einen Marienkäfer! Ein anderes Kind: ein Schwein, das sich als Giraffe verkleidet hat! Eine Giraffe, die sich als Marienkäfer verkleidet hat! Eine Maus, die sich als Schwein verkleidet hat! – Alle Stofftiere, die die Künstlerin verarbeitet hat, wurden sofort identifiziert. Aber: die Kinder haben auch sofort gesehen, dass mit den Tieren etwas geschehen ist: die Tiere haben sich verwandelt.

Und mir war mit einem Schlag klar, warum dieses Kunstwerk in der Kirche hängt.

Verwandlung ist in der Kirche ein großes Thema.

Manchmal singen wir: Du verwandelst meine Trauer in Freude, du verwandelst meine Ängste in Mut, du verwandelst meine Sorgen in Zuversicht, lieber Gott, du verwandelst mich!

Ich glaube, dass das Gebet der Ort ist, an dem wir durch Gott verwandelt werden.

Mit dem Beten haben wir als Protestanten ja so unsere ganz eigene Tradition.

Wenn ich bei meinen muslimischen Nachbarn zu Besuch bin, die sehr gerne über ihren Glauben sprechen, dann möchte die immer sehr gerne wissen, wie wir Christen und Christinnen beten. „Betet ihr auch fünfmal am Tag?“ – „Wir beten auf Arabisch. In welcher Sprache betet ihr?“

Dann fange ich an, umständlich zu erklären, dass in den Klöstern auch fünfmal gebetet wird, dass das für Christen und Christinnen zu Hause aber anders ist.

Wenn wir auf Konfi-Fahrt sind, dann beten wir vor jeder Mahlzeit. Und Sie zu Hause tun das wahrscheinlich auch. Manchmal – vielleicht nicht immer – aber halt doch, wenn Sie dran denken.

Wenn wir auf Konfi-Fahrt sind, dann fangen wir den Tag an mit einem kurzen Gebet, und ganz am Ende des Tages sprechen wir ein Gebet. Sie zu Hause tun das vielleicht ebenfalls: morgens einen Moment der Dankbarkeit, und am Abend vor dem Schlafengehen den Tag mit allem, was gewesen ist, noch einmal zu Gott bringen.

Es gibt auch Bücher mit ausformulierten Gebeten. Die können uns dabei helfen, Worte zu finden und die Konzentration, die uns guttut. Aber meistens beten wir mit freien Worten, spontan.

Und dann ist es nicht einfach, immer die rechten Worte zu finden. Und in einer Welt, in der hunderttausend Dinge uns ablenken wollen, fällt es manchmal schwer, unser Herz ganz auf Gott zu richten und unseren Geist zu konzentrieren, so dass wir beten können.

Aber doch ist das Beten ganz wichtig im Leben eines Christen, einer Christin. Denn im Gebet will Gott uns begegnen. Und das kann uns verwandeln: die Sorgen in Zuversicht, die Ängste in Mut. Und unsere inneren Stürme können zur Ruhe kommen, und wir können Frieden finden.

Niemand von uns braucht sich dafür zu schämen, wenn es häufig nicht klappt mit dem Beten: Auch für die Jünger Jesu war das schon so. Darum sagt Jesus ihnen, wie man beten soll – und jetzt zitiere ich aus dem Matthäusevangelium, Kapitel 6:

5»Wenn ihr betet,

macht es nicht wie die Scheinheiligen:

Sie stellen sich zum Beten gerne

in die Synagogen und an die Straßenecken –

damit die Leute sie sehen können.

Amen, das sage ich euch:

Sie haben damit ihren Lohn schon bekommen.

6Wenn du betest,

geh in dein Zimmer und schließ die Tür.

Bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist.

Dein Vater, der auch das Verborgene sieht,

wird dich dafür belohnen.«


Was will Jesus uns damit sagen?

Ich glaube, dass es für uns im Gebet einzig und allein um unseren Kontakt zu Gott geht. Es geht nicht darum, dass wir uns selbst oder anderen etwas beweisen. Sondern es geht darum, dass wir uns mit unseren Erfahrungen und unserem ganzen Erleben Gott anvertrauen. Mit unserer ganzen Freude, unserem Dank, und auch mit unseren Sorgen und Ängsten. Einfach mit allem. Gott sieht auch das Verborgene. Gott wohnt im Verborgenen.

Und da, wo wir unsere verborgenen Ängste zu Gott bringen, können diese auch verwandelt werden!

Ich glaube, dass wir Menschen uns manchmal etwas über uns selbst vormachen. Wir umgeben uns mit Illusionen, wir bauen ein Bild von uns selbst, das voller Träume und Wünsche ist, das aber wenig mit der Realität zu tun hat. Und ganz häufig wollen wir nicht wahrhaben, wie es wirklich in uns aussieht.

Wenn wir beten, dann will uns Gott zu dem befreien, was wirklich ist. Gott sieht das Verborgene, auch wenn wir es selber gerade nicht sehen wollen.

Jesus sagt: „Wenn du betest, dann geh in dein Zimmer und schließt die Tür. Bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist.“ – Das können wir einerseits ganz wörtlich nehmen: wenn wir beten, dann sollen wir einen ruhigen Ort aufsuchen, in Abgeschiedenheit, wo uns nichts ablenkt.

Wir können das aber auch im Übertragenen verstehen: Jesus fordert uns auf, den Ort in uns selbst aufzusuchen, der vor den Augen aller anderen Menschen verborgen ist: die Sorgen, die wir niemals vor anderen zugeben wollen – weil wir ja stark sein wollen; oder die Trauer, die wir uns selber nicht eingestehen, weil sie viel zu sehr schmerzt; oder vielleicht auch unser persönliches Scheitern, das wir nur mit Mühe zu geben können.

An diesen verborgenen Orten will Gott uns begegnen. Genau dort sind wir zutiefst gesehen und erkannt. Genau dort will Gott uns verwandeln.

Jesus spricht noch weiter, und jetzt zitiere ich wieder aus Matthäus 6:

7»Sprecht eure Gebete nicht gedankenlos vor euch hin

wie die Heiden!

Denn sie meinen,

ihr Gebet wird erhört, weil sie viele Worte machen.

8Macht es nicht so wie sie!

Denn euer Vater weiß, was ihr braucht,

noch bevor ihr ihn darum bittet.«

 

Hier ist die Botschaft Jesu ganz deutlich: Beim Beten zählen nicht die vielen Worte. Und es geht auch nicht um möglichst schöne Worte. Und schon gar nicht um Geplapper. Als ob wir von Gott bekommen, was wir wollen, wenn wir ihn nur lange genug bequatschen.

Was demgegenüber wichtig ist, ist unsere Einstellung, mit der wir beten, unsere Konzentration, die Art, wie wir unser Herz vor Gott öffnen. Gott sieht, was im Verborgenen ist, und er weiß, was wir brauchen, noch bevor wir ihn darum bitten.

Und weil Jesus weiß, wie häufig wir um Worte verlegen sind, schenkt er uns das Gebet, das wir das Vaterunser nennen. Ich zitiere wieder aus Matthäus 6:

9»So sollt ihr beten:

Unser Vater im Himmel,

dein Name soll geheiligt werden.

10Dein Reich soll kommen.

Dein Wille soll geschehen.

Wie er im Himmel geschieht,

so soll er auch auf der Erde Wirklichkeit werden.

11Gib uns heute unser tägliches Brot.

12Und vergib uns unsere Schuld –

so wie wir denen vergeben haben,

die an uns schuldig geworden sind.

13Und stell uns nicht auf die Probe,

sondern rette uns vor dem Bösen.

[...]

14Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt,

dann wird euer Vater im Himmel euch auch vergeben.

15Wenn ihr den Menschen aber nicht vergebt,

dann wird euer Vater euch

eure Verfehlungen auch nicht vergeben.«

 

Das Vaterunser wird immer wieder als eine Schule des Gebets bezeichnet. Wenn man den Text des Vaterunsers meditiert und immer wieder meditiert, dann kann man das Beten lernen. Man kann dann ganz viel lernen über die Haltung des Gebets, über die Weise, wie wir Gott ansprechen können, über die Verheißung, die auf jedem Gebet liegt, aber ganz konkret auch über Inhalte, für die wir beten können.

Einen der Inhalte hebt Jesus hervor: Vergebung. Wenn wir beten, dann geht es immer auch um Vergebung und Neuanfang.

Vergebung ist für viele Menschen ein schwieriges Thema. Denn manchmal ist es zu schrecklich, was wir einander antun.

Wir sehen in diesen Tagen schreckliche Dinge in der Welt geschehen. Wie die Mächtigen dieser Erde zu Autokraten werden, die erbarmungslos Menschen in den Tod jagen.

Wenn ich an den Krieg in der Ukraine denke oder an den Krieg in Gaza, dann bleibt mir manchmal die Spucke weg, und ich weiß ganz wörtlich nicht, was ich noch beten soll.

Die Geschichte von dem Volk Israel, das sich ein goldenes Kalb gemacht hat, weil die Menschen ohne Mose den Kontakt zu dem befreienden Gott verloren haben [Anm.: der Text der Lesung in diesem Gottesdienst] – diese Geschichte ist für mich heute von einer ganz klaren Symbolik: Dieser Tanz um das goldene Kalb steht für die Verehrung der Symbole von Macht und Reichtum und Überlegenheit. Auch in unserer Zeit vollführen viele Menschen einen solchen Tanz. Da werden Politiker verehrt, weil sie laut brüllen und viel versprechen.

Wie schaut Gott im Himmel auf diese Menschen?

Leidet Gott? Tobt er vor Zorn? Hat er sich von uns abgewendet? Wirbt er um sein Erbarmen?

Wie dem auch sei – ich denke, dass es an uns Christen und Christinnen ist, wie Mose zu flehen und zu beten und Gott an seine Verheißung zu erinnern:

Willst du denn, dass die Menschen denken, dass du Israel umsonst aus Ägypten herausgeführt hast? Willst du denn, dass das ganze Ringen um Freiheit und Befreiung für die Katz war? Willst du denn, dass die Menschen, von denen du jeden einzelnen liebhast und den Namen kennst, zerstört werden und mit Füßen getreten? Das kann es doch nicht sein.

Komm in dieser Welt und schenke uns einen Neuanfang. Verwandle diese Welt durch die Kraft der Vergebung, verwandle uns selber und durchdringe uns mit der Kraft der Vergebung.

Auf dass die Maus zu einem Löwen wird, und ein Wolf zu einem Lamm.

Lasst uns darum beten, dass wir alle zum Werkzeug des Friedens werden dürfen.

Lasst uns uns selber und unsere Sorgen um diese Welt zu Gott bringen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

 

Pfarrerin Dr. Maria Pfirrmann

Sonntag Rogate, 25. Mai 2025








Montag, 28. April 2025

Helga (HAWE) Weidenmüller: Warten – worauf? | Blick in die Ausstellung

 








Blick in den Kirchraum












Blick in den Saal