Blick in die Apsis, November 2012
Ausschnitt/ Foto von Andreas Blauth
(Ein kurzer Vortrag anlässlich des Empfangs der Meerbuscher Evangelischen Kirchengemeinden heute, am 24.11.2012. Er war in ein vielfältiges Programm eingebettet):
Ein paar Gedanken
zu den Bildern von Roswitha Petry-Hammann in der Apsis
Wie Wolkenformationen
sehen sie aus, weiße Gebilde auf blauem Grund. Blau, eine Farbe, die beim Sehen
weite Räume öffnet; blau wie der Himmel und blau wie seine Spiegelung im
Wasser.
Zwei Zeichen sind
zu ahnen, Kreuz und Fisch.
Als Bild
festgehalten ist, sozusagen, ein Moment. Denn nicht zu sehen ist, ob sich das
„Wolkige“ gerade zusammenfügt oder schon wieder auseinander driftet.
Der Raum, der
Kirchenraum spricht mit: Die zwei Symbole Kreuz und Fisch sind hier – so
behaupte ich mal – deutlicher zu erkennen und schneller zu deuten als anderswo,
z. B. in einem Wohnzimmer. Das hat mit „Kultur“ zu tun, mit Bewusstsein und Wissen, auch mit Gefühl. Zeit und Ort sind eben nicht egal.
z. B. in einem Wohnzimmer. Das hat mit „Kultur“ zu tun, mit Bewusstsein und Wissen, auch mit Gefühl. Zeit und Ort sind eben nicht egal.
Wir reagieren auf
das Umfeld – ständig; wir sehen, was unsere Erwartung bestätigt.
Kunst legt sich
nicht (immer) fest, sie macht vielmehr ein Angebot, zeigt auf.
Sie kann einen
Anstoß geben: Eine neue Idee, eine neue Perspektive, eine Erinnerung lebendig
werden lassen, und damit wirksam werden lassen.
Kunst kann
natürlich auch Anstoß sein, sie kann
zu ungewöhnlich, zu experimentell, zu fraglich sein.
Manchmal stört sie
also. Ein leerer Raum ist dann leichter zu ertragen als einer mit Bild.
Ein (einfaches)
Kreuz besteht ja eigentlich nur aus zwei Linien,
die sich im
rechten Winkel überschneiden.
Dennoch gab und
gibt es bekanntlich an vielen Orten Diskussionen: Weil so ein Symbol etwas sagt,
etwas erzählt – und den Betrachter erzählen lässt; auch dann, wenn er sich
dagegen wehrt.
Der Fisch wird oft
als „Geheimzeichen“ der Urchristen genannt. Man kann es sich vorstellen, weil
man sein griechisches Wort als eine Art Kurz-Glaubensbekenntnis lesen kann:
Jesus Christus Gottes Sohn, der Retter, der Erlöser.
Vor einiger Zeit
ist der Fisch wieder „aufgetaucht“ als christliches Zeichen, z. B. auf Autos.
Ein „geheimeres“
Zeichen als das Kreuz ist er sicher – man muss es nämlich kennen, das
Fischsymbol.
Als diese
Aufkleber neu war, dachte ich: Der Fahrer des Autos ist Angler.
Vielleicht ist das
mit dem Angeln ja auch gar nicht so falsch.
Hier, im
kirchlichen Raum, liegt einem der Begriff Menschenfischer auf der Zunge – Namen wie Petrus, Johannes, Jakobus.
Die Kunst setzt
Inhalte in den Mittelpunkt, heißt, sie ist auch Angelpunkt. Durch die Fragen,
die sie freisetzt. Durch die Antworten, die sie anbietet.
Und der einfache
Holzstab in der Apsis, in der Mitte zwischen den beiden Bildern?
Eine hölzerne
Linie, die eigentlich kein Symbol ist, aber ziemlich abstrakt aussieht.
Vielleicht ruht
das Holz gerade nur und könnte bald wieder austreiben: Wurzeln, Blätter, Blüten
– und könnte dann eine Art Hinweis auf das Wesen der beiden Zeichen sein:
Sie sind lebendig
in dem Sinne, dass sie einmal verschwommener und „wolkiger“, dann wieder deutlich
wirken; je nachdem.
Im Bilde sein heißt aber jedenfalls: sich auskennen,
sich zurechtfinden.
Dahinein gehört
auch das Ambivalente, Rätselhafte und Wunderbare.
Wunderbar wie der
schöpferische Geist, Gottes Geist – der, wie Martin Luther sagt,
„ein Licht im Verstand anzünden“ kann.
Marlies Blauth