Felix Droeses Blick auf Gott und die Welt
Der Künstler Felix Droese, früherer Teilnehmer von „documenta“
und Kunst-Biennalte Venedig, stellte sich in unserer Kirche einer
Podiumsdiskussion. Anlass war unsere Ausstellung*, in deren Mittelpunkt sein
Holzschnitt „kein zutritt“ stand.
Nicht etwa der Moderator Dr. Bertram Müller, Kulturredakteur der
Rheinischen Post, sondern der Künstler Felix Droese selbst stellt die
zahlreicheren Fragen: „Ist der moderne Mensch aufgeklärter als die Bibel?“ –
„Gott ist eingezogen in uns – und was fängt der Mensch damit an?“ – „Woher
kommt das Licht?“.
Wer will, kann aus diesem Gespräch viel Neues, Gedanken
Anregendes, Zwiespältiges mit nach Hause nehmen – denn es sind natürlich auch jede
Menge Statements zu hören, ungewöhnliche Zusammenhänge, manchmal überraschend
traditionelle Töne. Dass Gott zu einer „Sie“ gegendert werde, nein, das sei
nicht akzeptabel.
Offener, öffnender sind da Aussagen wie „Wir tragen immer Bilder
mit uns herum“. Als neugieriger Mensch müsse man den Zeichen in ihrer
Fragestellung nachgehen – ein Hinweis auf einen wesentlichen Aspekt seines
künstlerischen Tuns, bei dem er sich allerdings keinesfalls abheben will von
den alltäglichen Anliegen der Menschen, sondern genau darauf immer wieder Bezug
nimmt. „Die Kunst findet da statt, wo ‚ich‘ bin“ – damit meint er sowohl
Künstler als auch Kunstbetrachter, Rezipienten. Manches habe der Betrachter
sogar besser im Blick als der Künstler selbst; hinter ihm, in der Apsis, sein
riesiger Holzschnitt kein zutritt –
beide Worte kreuzartig angeordnet, ineinander verwoben. Ein Betrachter las
einmal „kern“, und ja, genau das ist doch gemeint im Schnittpunkt der eher
flachen, weltlichen Horizontalen und der Vertikalen, „die in die Tiefe geht“.
Der Kern der Sache sei ihm selbst erst aufgefallen, als es dieses Gespräch gab.
Bewegung – alles, was Wahrnehmen und Austausch fördert – ist
überhaupt ein zentraler Begriff bei Droese, Kontrapunkt zu und Erlösung von so
niederschmetternden Aussagen wie „Mit der Kunst können die Menschen so wenig
anfangen wie mit dem Wort Gottes; beides ist verstellt, verräumt“ – da möchte
man am liebsten gleich anfangen, alles zu entrümpeln, freizuräumen vom Ballast,
um doch noch zum Kern der Sache vorzudringen. „Ich“ sagt Droese und meint damit
„wir alle“ – „ich bewege mich im Zwiespalt: Einerseits muss ich es in der
Moderne aushalten, andererseits ist die Moderne ein Trugschluss, der den
Menschen geradezu überflüssig werden lässt.“ Als bedenkenswertes Beispiel nennt
er die sich aktuell einschränkende Funktionstüchtigkeit der menschlichen Hand,
die mehr oder weniger zur Klaue oder Kralle mutiert – da Zeichnen und Schreiben
immer weniger Bedeutung hat, ja sogar in Gefahr ist, abgeschafft zu werden
zugunsten von Tasten- und Touchscreen-Bedienung. Das sei in Wirklichkeit doch
eine Rückentwicklung, kein Fortschritt.
„Wie erarbeitet sich der Mensch einen direkten Zugang – zu sich
selbst?“ Fragen über Fragen, immer wieder Aufforderungen, „in Bewegung zu
kommen“. In Bewegung wie das flüssige (Farb-)Material, mit dem er so gern
arbeitet, weil es Spuren, Verlaufsspuren aufs Papier bringt, die also Prozess
und gleichzeitig Ergebnis sind.
Eine Metapher für die Lebendigkeit des Menschen, die – bei aller
Beweglichkeit und Eigenständigkeit – gleichermaßen das Vaterunser ernst nehmen
sollte: „Dein Wille geschehe“. Das, so ist zu spüren, liegt dem Künstler wirklich
am Herzen.
Marlies Blauth
*die Ausstellung kam durch die freundliche Kooperation mit dem
Galeristen
Bernd R. Meyer zustande. An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank.
Bernd R. Meyer zustande. An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank.
Fotos: Andreas Blauth